Wer den Schaden hat... - Die Kosten der Verteidigung bei der Einstellung des Verfahrens

Der Beschuldigte eines Strafverfahrens steht unter besonderem Druck. Insbesondere die erlebte Hilflosigkeit gegenüber Ermittlungsmaßnahmen wie einer Hausdurchsuchung oder gar einer Verhaftung sowie bei der erkennungsdienstlichen Behandlung sind nur schwer auszuhalten.

 

Keine Kostenerstattung bei Einstellungen im Ermittlungsverfahren

Umso erfreulicher ist es dann, wenn mithilfe eines kompetenten Verteidigers eine Ende dieser Tortur bereits im Ermittlungsverfahren, also vor Anklageerhebung oder Beantragung eines Strafbefehls erreicht werden kann.

 

Die einzige Möglichkeit ein Strafverfahren, das in dieser Phase Ermittlungsverfahren genannt wird, zugunsten des Beschuldigten zu beenden, ist die Einstellung. Hier gibt es verschiedene Optionen, die wiederum an verschiedene Voraussetzungen geknüpft sind.

 

Allerdings haben -im Ermittlungsverfahren- alle diese Optionen, einschließlich der Einstellung wegen des Fehlens eines hinreichenden Tatverdachts gemein, dass das Gesetz für sie keine Kostenentscheidung voraussetzt.

 

Daraus folgt, dass es zumindest nach den strafprozessualen Regelungen bei Einstellungen nie eine Kostenerstattung gibt. Einzig unter den Voraussetzungen des § 826 BGB könnte auf zivilrechtlichem Weg ein Schadensersatzanspruch die Kosten der Verteidigung betreffend gegen den Anzeigenerstatter (bzw. Auslöser des Ermittlungsverfahrens) geltend gemacht werden. Hierfür ist er im Regelfall notwendig, dass der Anzeigenerstatter vorsätzlich oder zumindest leichtfertig falsche Angaben gemacht hat (so z.B. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1987 – 1 BvR 1086/85 –, BVerfGE 74, 257-263), so dass neben einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB auch Schadensersatzansprüche wegen falscher Verdächtigung in Betracht kommen (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 164 StGB).

 

Die Rechtsprechung fasst die Problematik wie folgt zusammen:

 

"Es gehört zum allgemeinen Lebensrisiko mit unberechtigten Ansprüchen oder Vorwürfen konfrontiert zu werden. Soweit nicht die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm erfüllt sind, besteht kein Erstattungsanspruch (BGH NJW 2007, 1458 [1459] für zivilrechtliche Rechtsverteidigung)."

 

(AG Bremen, Urteil vom 31. Oktober 2013 – 9 C 80/13 –, Rn. 5, juris)

 

Hinzukommt, dass die Regelung des § 469 StPO, die die Kostentragungspflicht des Anzeigenden bei leichtfertiger oder vorsätzlicher Erstattung einer falschen Anzeige regelt, für die Schadensersatzpflicht formell einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraussetzt.

Möglichkeiten der Kostenerstattungen bei Einstellungen im gerichtlichen Verfahren

Befindet sich das Strafverfahren bereits bei Gericht, was durch die Beantragung eines Strafbefehls oder den Eingang der Anklageschrift bei dem Gericht geschieht, gelten andere Grundsätze.

 

Dann ist nach § 464 StPO eine Kostenentscheidung zu treffen. Diese beinhaltet nach § 464 Abs. 1 StPO eine Entscheidung zu den gerichtlichen Kosten und, wenn die Entscheidung das Verfahren abschließt, auch eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen zu denen auch die Kosten der Strafverteidigung gehören (§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO).

 

Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last (Wortlaut des § 467 Abs. 1 StPO).

 

Dieser erfreuliche Grundsatz hat jedoch gewichtige Ausnahmen. So kann das Gericht davon absehen die notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen, wenn das Verfahren wegen einer Ermessensvorschrift eingestellt worden ist, was sich aus § 467 Abs. 4 StPO ergibt.

 

Zu diesen Ermessensvorschriften gehören u.a. die Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO, die Einstellung wegen eines möglichen Absehens von der Bestrafung nach § 153b StPO oder die Teileinstellung bei mehreren Taten nach § 154 StPO.

 

Es gilt der Grundsatz, dass auch bei einer Einstellung nach den zitierten Normen die notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen sind. Davon kann das Gericht absehen und entgegen Abs. 3 S. 2 Nr. 2 maßgebend auf den Grad des Tatverdachts abstellen, solange es dem Angeschuldigten keine strafrechtliche Schuld zuweist (BVerfG NStZ 1990, 598; EGMR NJW 1988, 3257; krit. Kühl NJW 1988, 3233; BeckOK StPO/Niesler , § 467, Rn. 14-15, beck-online). Demnach besteht hier zumeist Diskussionsbedarf.

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Kommentare: 1
  • #1

    Gerhard Kaiser (Freitag, 27 Dezember 2019 11:38)

    Frage:

    Ist dagegen noch nie vor dem BVerfG vorgegangen worden? In einem Rechtsstaat muss der Grundsatz gelten: Wenn die Schuld nicht rechtskräftig nachgewiesen ist, gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Wer unschuldig vom Staat in einer besonders scharfen Weise (Strafrecht ist schärfste Form des Eingriffs in die Rechte des Bürgers) angegangen wird, dem darf dadurch kein Nachteil entstehen.

    Der hat Anspruch auf Waffengleichheit = angemessene Strafverteidigung, Steht so in der EMRK.